Gibt es den Wow-Effekt?

Kennt ihr das auch: Man nimmt an einem besonderen Event teil oder fährt erstmals zu einem besonderen Ort, den man immer schon toll fand. Häufig ist man dann enttäuscht, weil die Erwartungen einfach zu hoch waren. Ganz selten werden die Erwartungen erfüllt oder gar noch übertroffen. So ging es mir in dieser Woche als ich überglücklich eine Restkarte für die Elbphilharmonie in Hamburg erstehen konnte. Da war ich dann also plötzlich und unerwartet drin in der Elbphili – und für mich, der ich Konzertsäle „sammele“, war das natürlich ein Ereignis (einige Bilder dazu findet ihr in meinem Instagram-Profil).

Über die 82 m lange Rolltreppe – und eine weitere kleine Rolltreppe – fährt man langsam in den Musiktempel hinein und landet in einem schick designten Gewirr von Treppenaufgängen. Ich hatte das Glück eine Karte für den großen Konzertsaal zu bekommen. Dieser wirkt für seine 2100 Sitzplätze erstaunlich klein oder besser formuliert besonders menschlich. Er ist oval, die Sitzplätze sind auf fünf Ebenen nach dem Weinberg-Prinzip verteilt; einen rechten Winkel scheint es im ganzen Raum nicht zu geben. Die Wände sind mit 10.000 Gipsfaserplatten ausgekleidet, jede Platte ein Unikat in Form und Größe. Plötzlich schoss mir der Gedanke durch den Kopf: Ich fühle mich hier wie in einer Gebärmutter.

Die Akustik ist von herausragender Qualität: Der Klang ist sehr klar, analytisch, fast schon nüchtern. Kein Ton scheint verloren zu gehen oder besonders betont zu werden. Nicht nur hatte ich das Glück, eine Karte zu ergattern, ich hatte sogar noch das Glück, diese für ein Konzert von Ron Carter und Richard Galiano zu bekommen – zwei Götter des Jazz auf ihren Instrumenten. Der Bass von Carter und das Akkordeon von Galliano wurden leicht verstärkt. Gerne hätte ich es in diesem wunderbaren Konzertsaal auch mal ohne Verstärkung gehört – es wäre wahrscheinlich sogar in diesem 2000 Sitzplätze umfassenden Saal gegangen.

Und damit zur Musik: jazzig, swingig, abwechslungsreich – von Jazz-Standards über bluesiges bis hin zu Tango-Musik von Astor Piazzolla. Alles natürlich auf höchstem Niveau, locker und mit größter Selbstverständlichkeit gespielt. Wer das nachhören möchte kann dies mit der neuen CD der beiden tun – An Evening With Ron Carter & Richard Galliano – oder mal schnell in das Youtube- naja-Video s.u. zu „Spleen“ (feine Melodie) reinhören.

Für weitere schöne Stücke empfehle ich eine Suche nach
– Poem (schön slow)
– Earnie and Bennie (up-tempo)
– Ah Rio (Samba)
– See how you are (Blues)

Michel Petrucciani – kleiner Mann, großer Jazzer

Was für ein besonderer Mann! Was für ein Musiker! Was für ein Leben!

Michel Petrucciani war nicht einmal ein Meter groß, aber er hatte die Power und den unbändigen Willen von drei Männern. Und er hatte den Swing. Seine Musik swingt und sie strahlt eine unbändige Freude am Spielen aus. Er sagte einmal über Musik: „Ich muss das Gefühl haben, umarmt zu werden.“ Für mich beschreibt das sehr gut, wie er gelebt hat und wie er Musik gemacht hat – nach dem Motto: ganz oder gar nicht. Wer mehr über Michel Petrucciani erfahren möchte, dem empfehle ich wärmsten den Film „Michel Petrucciani – Leben gegen die Zeit“; zum Einstieg gibt es hier eine Filmbesprechung. Wer noch mehr erfahren möchte, der wird auf seiner website fündig.

Das folgende Stück Cantabile ist wunderbare Musik, die aber eher untypisch für ihn ist, weil langsam. Aber vielleicht um so mehr geeignet, um Lust zu machen auf so einen ungewöhnlichen Menschen und Musiker.